Anspruch auf Abfindung bei Kündigung? Informationen vom Anwalt

Wann hat man gegen den Arbeitgeber einen Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung? Es gibt in der Regel keinen gesetzlichen Anspruch auf eine Abfindung. Steht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Raum, sollte der Arbeitnehmer sich am besten frühzeitig an einen Rechtsanwalt wenden, um die Beendigungsmodalitäten inklusive der Zahlung einer Abfindung zu besprechen. Ohne die fachkundige Unterstützung eines erfahrenen Rechtsanwalts besteht die Gefahr, dass entweder gar keine Abfindung bezahlt wird oder dass diese unangemessen niedrig ausfällt. Auch bezüglich der sonstigen Modalitäten der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses empfiehlt es sich fachkundige Hilfe in Anspruch zu nehmen.

In den meisten Fällen werden Abfindungen aufgrund eines Vergleichs gezahlt. Der Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung kann aber auch im Arbeitsvertrag festgelegt werden, was bei normalen Angestellten eher selten der Fall ist und häufiger Geschäftsführern oder leitenden Angestellten vorkommt.

1. Was genau ist die Abfindung und wann wird sie gezahlt?

Bei der Abfindung handelt es sich um Zahlungen, die vom Arbeitgeber im Zusammenhang mit einer Kündigung oder mit dem Abschluss eines Aufhebungsvertrages geleistet werden, insbesondere wenn die das Arbeitsverhältnis auf Initiative des Arbeitgebers beendet werden soll.

Wird die Abfindung besteuert?

Eine sehr wichtige Frage bzgl. der Abfindung ist deren Besteuerung. Grundsätzlich sind Abfindungen einkommensteuerpflichtig und werden gem.  § 24 Nr. 1a) i.V.m. § 34 EStG privilegiert behandelt. Es wird nur ein Fünftel der Abfindung zum Jahreseinkommen hinzugezählt und daraus die Steuer berechnet. Dann wird die Steuer berechnet, die lediglich auf das Jahreseinkommen anfällt. Die Differenz daraus ist also die Steuer, die für ein Fünftel der Abfindung bezahlen wird.

2. Grundsatz: kein Rechtsanspruch auf eine Abfindung

Da es grundsätzlich keinen Rechtsanspruch auf die Zahlung einer Abfindung gibt, zahlt der Arbeitgeber die Abfindung freiwillig meistens aufgrund von mit dem Arbeitnehmer geführten Verhandlungen. Bekanntlich gibt es Ausnahmen von nahezu jeder Regel. So ist es auch bzgl. der Abfindung. Im Folgenden werden einige Ausnahmen dargestellt.

3. Ausnahme: Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung?

In bestimmten Ausnahmefällen kann den Mitarbeitern ein verbindlicher Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung zustehen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn im Arbeitsvertrag, im Tarifvertrag oder in Betriebsvereinbarungen ausdrücklich Abfindungen vereinbart sind.

Grundsätzlich können Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Arbeitsvertrag vereinbaren, dass der Arbeitnehmer bei Kündigung einen Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung haben soll. Soweit ein solcher Anspruch arbeitsvertraglich festgelegt ist, kann der Arbeitnehmer diesen auch gerichtlich einklagen, wenn der Arbeitgeber die Zahlung der vereinbarten Abfindung verweigert.


Desweiteren kann die Zahlung einer Abfindung auch in einer Betriebsvereinbarung oder in einem Tarifvertrag geregelt sein. Daher sollte im Einzelfall auch dies von einem Rechtsanwalt geprüft werden.

Auch ohne eine explizite Vereinbarung im Arbeitsvertrag oder in einem Kollektivvertrag kann ein Rechtsanspruch auf die Zahlung einer Abfindung kann bestehen, wenn in der Vergangenheit aufgrund einer sogenannten betrieblichen Übung immer Abfindungen gezahlt worden sind. Denn die betriebliche Übung begründet zusammen mit dem allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz einen Anspruch auf Gleichbehandlung mit den bisherigen Fällen, in denen eine Abfindung gewährt worden ist. Voraussetzung für die Entstehung einer betrieblichen Übung ist zunächst, dass in der Vergangenheit eine bestimmte Leistung regelmäßig (meist dreimal) ohne einen Freiwilligkeitsvorbehalt gewährt worden ist. Die Voraussetzungen sollten im Einzelfall geprüft werden und man sollte sich am besten an einen Rechtsanwalt wenden, der über signifikante Erfahrung im Arbeitsrecht verfügt. So kommt es u.a. entscheidend darauf an, ob die Abfindungen in der Vergangenheit immer von den Arbeitnehmern erwirkt/erstritten worden sind oder ob der Arbeitgeber generell Abfindungen gewährt hat, ohne dass es eines Tätigwerdens seitens des betroffenen Arbeitnehmers bedurft hat.

4. Häufigster Fall: Zahlung einer Abfindung im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses

In der Praxis werden Abfindungen am häufigsten im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses beim Arbeitsgericht vereinbart und gezahlt. Dazu muss der Arbeitnehmer im Falle einer Kündigung gem. § 4 KSchG innerhalb von 3 Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht eine Kündigungsschutzklage erheben. Die Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage hängen von diversen Faktoren ab. Als erstes sollte geprüft werden, ob das Kündigungsschutzrecht anwendbar ist. Dazu ist es grundsätzlich erforderlich, dass das Arbeitsverhältnis bereits länger als sechs Monate besteht und in dem Betrieb regelmäßig mehr als 10 ständige Mitarbeiter beschäftigt werden. Ergibt die Prüfung der einzelnen entscheidungsrelevanten Voraussetzungen, dass die Kündigung nicht zulässig ist, so kommt es häufig vor, dass der Arbeitgeber ein möglicherweise langwierige Gerichtsverfahren nur dadurch verhindern kann, dass er sich mit einer Abfindung und anderen „Zugeständnissen“ „freikauft“. Ein Gerichtsverfahren kann viel Zeit und Geld kosten und wenn die Erfolgsaussichten für den Arbeitgeber nicht so gut sind, entscheiden sich viele Arbeitgeber den Kündigungsschutzprozess mit einem Vergleich zu beenden, in dem u.a. eine Einigung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die Zahlung einer Abfindung detailliert geregelt werden. Je nachdem wie die Erfolgsaussichten der Kündigungsschutzklage stehen wird in der Regel ein halbes bis ein ganzes Monatsgehalt pro Jahr Betriebszugehörigkeit vereinbart. Die Erfolgsaussichten hängen von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab und erfahrungsgemäß haben Arbeitnehmer viel bessere Chancen, wenn sie von einem versierten Rechtsanwalt vertreten werden.

Vorteile eines Vergleichs – es gibt diverse Gründe weswegen der Abschluss eines Vergleichs die beste Lösung für alle Beteiligten sein kann. So kann zum Beispiel der Arbeitgeber die sich für ihn ergebenden Prozessrisiken minimieren sowie Zeit und Geld sparen. Der Arbeitnehmer kann eine signifikante Abfindung bekommen und er muss er nicht mehr in einem Unternehmen arbeiten, das ihn anscheinend loswerden will.

Gibt es eine bessere Alternative als ein Vergleich? Das hängt entscheidend von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab, z.B.:

– wie groß ist das Unternehmen?

– warum hat der Arbeitgeber die Kündigung beschlossen?

– wie stehen die Chancen des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt?

– wie ist das Verhältnis des Arbeitnehmers zu seinen Kollegen?

So kann es zum Beispiel dazu kommen, dass aufgrund diverser Umstände das Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber derart beschädigt sein, dass eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitnehmer unzumutbar wäre. Ob die Weiterbeschäftigung zumutbar ist, muss stets im Einzelfall geprüft werden und bedarf einer umfassenden Interessenabwägung.

Im Falle der Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung kann das Gericht auf Antrag den Arbeitgeber gem. § 9 KSchG unter bestimmten Voraussetzungen zur Zahlung einer Abfindung verurteilen. Dieser Paragraph besagt, dass wenn das Gericht feststellt, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht beendet worden ist und dem Arbeitnehmer die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann, auf Antrag des Arbeitnehmers das Arbeitsverhältnis aufzulösen ist und der Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung zu verurteilen ist. Diese Rechtsfolge ist auch für den Fall vorgesehen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Die vom Gericht anzuordnende Abfindung kann gem.  § 10 KSchG bis zu 18 Monatsgehälter betragen.

5. Sonderfall- Abfindungsanspruch im Falle einer betriebsbedingten Kündigung

Es gibt einen weiteren Fall, in dem der Anspruch auf die Zahlung einer Abfindung gesetzlich geregelt ist. § 1a KSchG besagt, dass wenn der Arbeitgeber wegen dringender betrieblicher Erfordernisse nach § 1 Abs. 2 Satz 1 das Arbeitsverhältnis kündigt und der Arbeitnehmer bis zum Ablauf der Frist des § 4 Satz 1 keine Kündigungsschutzklage erhebt, der Arbeitnehmer mit dem Ablauf der Kündigungsfrist einen Anspruch auf eine Abfindung haben kann. Dies setzt voraus, dass setzt der Arbeitgeber in der Kündigungserklärung darauf hingewiesen hat, dass die Kündigung auf dringende betriebliche Erfordernisse gestützt ist und der Arbeitnehmer bei Verstreichenlassen der Klagefrist die Abfindung beanspruchen kann. Der Arbeitgeber ist also nicht verpflichtet die Kündigung auf dieser Art und Weise zu formulieren, er könnte aber dadurch einen Gerichtsprozess und die damit verbundenen Kosten und Risiken vermeiden.

Ein weiterer Vorteil dieser Regelung ist, dass bei einer Kündigung nach § 1a KSchG keine Sperrfirst beim Arbeitslosengeld besteht.

6. Abfindungen bei Massenentlassungen bzw. Sozialplänen

Bei Massenentlassungen bzw. Sozialplänen bestimmen sich die Modalitäten der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nach der Anwendbarkeit des Sozialplans und nicht nach der Wirksamkeit der einzelnen Kündigung. Sozialpläne werden vom Betriebsrat ausgehandelt und können auch Regelungen bzgl. der Zahlung von Abfindungen enthalten.

7. Abfindung und Arbeitslosengeld

Grundsätzlich wirkt sich die Zahlung einer Abfindung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslosengeld aus. In den Fällen in denen der Arbeitnehmer an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mitwirkt, kann es jedoch zu einer Kürzung oder Sperre des Arbeitslosengelds kommen.